Rezensionen: “thirst” – Marina Yuszczuk (©2020; Auflage 2025), “Jagd der Vampire” – Barbara Hambly (©1988; Auflage 1991), “Interview mit einem Vampir” – Anne Rice (©1976, Auflage 2008) & “women, eating” – Claire Kohda (©/Auflage 2022)

Übersicht

  1. Einleitung
  2. Marina Yuszczuk: “thirst” – moderner gothic novel
  3. Barbara Hambly: “Jagd der Vampire” – Vampirkrimi
  4. Anne Rice: “Interview mit einem Vampir” – vampirische Schwermut
  5. Claire Kohda: “Women, eating: a literary vampire novel” – Blutverzicht als Essstörung
  6. Hinweis zu den Rezensionen
  7. Lust über die Bücher zu reden?

1. Einleitung

Ich habe eine Zeit lang überlegt, ob ich meine Belletristik-Rezensionen als ausführliche Abhandlungen über die Bücher schreiben, oder doch lieber als auf das Wesentliche reduzierte Kurz-Rezensionen veröffentlichen soll. Schließlich habe ich mich für Letzteres entschieden: Kritiken, die die Bücher und meine Meinung zu diesen kurz vorstellen. Denn das ist auch die Art von Rezension, die ich bevorzuge, wenn ich mich über Bücher informiere. In’s Detail können wir gerne in der Diskussion auf Social Media gehen.

In der heutigen Rezension stelle ich vier von Frauen geschriebene Bücher vor, die eher zu den ruhigen Genre-Vertretern zählen – zwei schon ältere und zwei recht aktuelle. Knallharte Horrorthriller sind keine dabei, die Stärken der Bücher liegen in anderen Bereichen als Horror: Im Falle von “thirst” in der gothic Atmosphäre, im Falle von “Jagd der Vampire” in der Spannung der Ermittlungsarbeit, im Falle von “Interview mit einem Vampir” in den schwermütigen Gedanken und im Falle von “Women, eating” im familiär-psychologischen Aspekt.

 Der blutigste der vier Romane ist “thirst”, am intensivsten mit dem Bluttrinken auseinander setzt sich “Women, eating”. Die komplexeste Handlung hat “Jagd der Vampire”. “Interview mit einem Vampir” zählt hingegen zu den bekanntesten Vampirbüchern.

2. Marina Yuszczuk: “thirst” – moderner gothic novel

Auf “thirst” wurde ich über Reddit aufmerksam, wo das Buch von mehreren Leser:innen als Vampirroman für Erwachsene empfohlen wurde.

Buchdaten

Originaltitel: La sed
Titel der englischen Übersetzung: Thirst: a novel
Autorin: Marina Yuszczuk
Englische Übersetzung: Heather Cleary
Verlag (englische Übersetzung): Penguin Random House LLC, Taschenbuch Februar 2025
© 2020 Marina Yuszczuk, englische Übersetzung © 2024 Heather Cleary
Sprache: Originalsprache Spanisch, ich habe die englische Übersetzung gelesen, deutsche Übersetzung gibt es aktuell keine.
Wo gibt es das Buch zu kaufen? Im regulären Buchhandel.
Genre: Gothic Novel / literary fiction
Auf der Website des Verlages sieht du das Cover und findest weitere Informationen zum Buch, darunter auch eine Leseprobe: https://www.penguinrandomhouse.com/books/712422/thirst-by-marina-yuszczuk-translated-by-heather-cleary/

Kurzinhalt

Im ersten Teil des Buches erzählt eine Vampirin von ihrem Leben ab ihrer Verwandlung über die Jahrhunderte hinweg bis in die Gegenwart. Der zweite Teil des Buches spielt in Buenos Aires der Gegenwart und wird aus der Sicht einer Frau erzählt, deren Lebensweg sich mit der Vampirin kreuzt.

meine Meinung zum Buch

Die Geschichte wird in beiden Teilen des Buches in der Ich-Perspektive erzählt, im 1. Teil aus Sicht der Vampirin und im zweiten Teil aus Sicht der (menschlichen) Frau. Die Lebensgeschichte der Vampirin folgt dem Muster klassischer Vampirgeschichten. Sie hat mit Einsamkeit, Verlust und der ständigen Weiterentwicklung der Gesellschaft zu kämpfen. Die Figur der Vampirin ist nahbar, man fühlt mit ihr mit. Im ersten Teil fließt viel Blut, die Gewalt wird jedoch nicht explizit dargestellt oder gar ausgeschlachtet.

Der zweite Teil des Buches, in dem wir eine alleinerziehende Mutter namens Alma begleiten, die sich um ihre todkranke Mutter kümmert, ist um einiges ruhiger als der erste Teil. Einsamkeit, Trauer und Verlust spielen auch in Almas Leben eine große Rolle. Der schleichende Tod ihrer Mutter und die damit verbundene emotionale Belastung für Alma wird sehr berührend erzählt. Dennoch hat der zweite Teil einige Längen. Die Begegnung zwischen der Vampirin und Alma wird mir etwas zu gestrafft erzählt. Als Folge wirkt Almas finale Entscheidung überstürzt.

Trotzdem ist “Thirst” insgesamt ein lesenswerter melancholischer, moderner gothic novel. Obwohl einiges an Blut fließt, liegt der Fokus auf Melancholie und Gothic Atmosphäre, nicht auf Horroreffekten.

[Grafik: (c) Tasty_Cat (Anastasia Usenko) via depositphotos.com (bearbeitet)]

3. Barbara Hambly: “Jagd der Vampire” – Vampirkrimi

Dass ich dieses Buch entdeckt habe, habe ich meiner Ausgabe von “verlorene Seelen” von Poppy Z. Brite zu verdanken. Am Ende des Buches wurde “Jagd der Vampire” beworben. Die Auszeichnung “bester Horror-Roman des Jahres” für das Buch hat mein Interesse geweckt.

Buchdaten

Originaltitel: Those who hunt the Night
Titel der deutschen Übersetzung: Jagd der Vampire
Autorin: Barbara Hambly
Verlag (deutsche Übersetzung): Bastei-Verlag Gustav H. Lübbe GmbH & Co (Bastei-Lübbe), 2. Auflage August 1991
© Barbara Hambly 1988
Sprache: Originalsprache Englisch, ich habe die deutsche Übersetzung gelesen.
Wo gibt es das Buch zu kaufen? Die deutsche Übersetzung ist soweit ersichtlich nur mehr second-hand erhältlich. Die englische Ausgabe habe ich in englischsprachigen Onlineshops auch als Neuware und als Ebook gesehen.
Genre: Horror / Mystery-Krimi
Auf lovelybooks.de findest du neben ein paar weiteren Kritiken auch das Cover:
https://www.lovelybooks.de/autor/Barbara-Hambly/Jagd-der-Vampire-144072290-w/

Kurzinhalt

London zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Ein Philologie-Professor & Agent im Ruhestand wird von Vampiren erpresst: Entweder er findet einen Vampirmörder oder er und seine Frau sterben.

meine Meinung zum Buch

Die Hauptfigur, der ehemalige Spion James Asher, ist ein interessanter, scharfsinniger Charakter, den man gerne bei der Ermittlungsarbeit begleitet. Unter den Nebenfiguren sticht vor allem seine Frau Lydia hervor, eine brillante, eigensinnige Medizinerin. Auch die differenzierte Darstellung der Vampire ist positiv hervorzuheben.

Das Buch ist spannend, mit einer Prise Humor und interessanten Überlegungen dazu, welche Auswirkungen das Alter auf Vampire hat. Nebenbei werden auch so manche Vampirklischees (zB christliche Symbole zur Vampirabwehr) humorvoll zerlegt.

Insgesamt ist “Jagd der Vampire” ein absolut lesenswerter spannender Vampir-Krimi, in dem die Ermittlungstätigkeiten im Mittelpunkt stehen. 

Das Buch aber verhältnismäßig wenig Horrorelemente. Auch die Action hält sich bis auf das (sehr gelungene) Finale in Grenzen. Das ist nicht als Kritik zu sehen, sondern als Hinweis, um falsche Erwartungen zu vermeiden.

[Grafik: (c) Tasty_Cat (Anastasia Usenko) via depositphotos.com (bearbeitet)]

4. Anne Rice: “Interview mit einem Vampir” – vampirische Schwermut

Es ist an die 25 Jahre her, dass ich “Interview mit einem Vampir” das erste Mal gelesen habe. Damals – in meiner Jugend – war die Verfilmung des Buches für mich der Vampirfilm schlechthin. Vom Buch war ich damals hingegen enttäuscht, da ich es sehr langweilig fand. Aus diesem Grund las ich damals auch keine weiteren Bücher von Anne Rice mehr.

Heuer habe ich das Buch zufällig in einer “gratis-zum-mitnehmen”-Bücherbox entdeckt und beschlossen, dem Buch eine 2. Chance zu geben.

Buchdaten

Originaltitel: Interview with the Vampire
Titel der deutschen Übersetzung: Interview mit einem Vampir
Autorin: Anne O’Brien Rice
Verlag (deutsche Übersetzung): Wilhelm Goldmann Verlag, München, der Verlagsgruppe Random House GmbH, 3. Auflage Oktober 2008
© 1976 Anne O’Brien Rice
© deutsche Übersetzung Wilhelm Goldmann Verlag 2008
Sprache: Originalsprache Englisch, ich habe die deutsche Übersetzung gelesen.
Genre: Gothic Novel
Wo gibt es das Buch zu kaufen? Meine Ausgabe ist nur noch second-hand erhältlich, Neuauflagen gibt es aber sowohl auf deutsch als auch auf englisch im regulären Buchhandel.
Hier der Link zur Second-Hand Bücherplattform Medimops, wo das Cover der Ausgabe, die ich gelesen habe, abgebildet ist:
https://www.medimops.de/anne-rice-interview-mit-einem-vampir-roman-taschenbuch-M03442469228.html Neuere Ausgaben des Buches sind als Neukauf möglich. Siehe etwa Penguin Random House Verlagsgruppe, wo es das Buch sogar von denselben Übersetzern (Karl Berisch und C.P. Hofmann) in einer neueren Version gibt: https://www.penguin.de/buecher/anne-rice-interview-mit-einem-vampir/ebook/9783641280376

Kurzinhalt

In einem Interview erzählt der sensible Louis von seinem Leben als Vampir und trauert seiner Menschlichkeit hinterher.

meine Meinung zum Buch

Was ich heute über das Buch denke? Ich kann verstehen, warum ich das Buch damals langweilig empfand. Mit der Spannung meines damaligen Lieblingsautors (Stephen King) kann “Interview mit einem Vampir” natürlich nicht mithalten. Ein derartiger Vergleich ist aber auch unfair, da Anne Rice in ihrem Buch gar nicht auf Spannung setzt, sondern andere Elemente im Fokus stehen. Und aus heutiger Sicht kann ich diesen Elementen mehr abgewinnen als damals. Die große Stärke der Geschichte sind die melancholische Atmosphäre und die philosophisch-sentimentalen Gespräche und Gedanken über das Vampirdasein sowie die Darstellung von Louis’ moralischer Zerrissenheit. Dazwischen gibt es jedoch viele Längen, welche unter anderem auf den ausschweifenden Erzählstil und das Fehlen eines klassischen Spannungsbogens zurückzuführen sind. Louis erzählt über den Verlauf seines Lebens als Vampir, hadert mit seinem Blutdurst und führt lange Monologe, aber es fehlt an Dramatik und Spannung.

Fazit: Ein sehr ruhiger, nachdenklicher Roman über das Vampirdasein. Tiefgründig und melancholisch, aber streckenweise auch langatmig. Wer auf der Suche nach Spannung und Action ist, ist hier falsch.

[Grafik: (c) Tasty_Cat (Anastasia Usenko) via depositphotos.com (bearbeitet)]

5. Claire Kohda: “Women, eating: a literary vampire novel” – Blutverzicht als Essstörung

“Women, eating” habe ich während der Online-Suche nach Romanen über Vampirinnen gefunden. In einem Blogbeitrag, der mehrere feministische Vampirromane rezensierte, wurde unter anderem “Women, eating” vorgestellt und empfohlen.

Buchdaten

Originaltitel: Women, eating: a literary vampire novel
Autorin: Claire Kohda
Verlag: HarperVia (HarperCollins Publishers Ltd), April 2022
© 2022 Caire Kohda
Sprache: englisch. Deutsche Übersetzung gibt es derzeit nicht.
Wo gibt es das Buch zu kaufen? im regulären Buchhandel
Genre: literary fiction / supernatural
Auf der Website des Verlages sieht du das Cover und findest weitere Informationen zum Buch, einschließlich einer Leseprobe: https://www.harpercollins.com/products/woman-eating-claire-kohda?variant=40614948372514

Kurzinhalt

Zwischen dem von ihrer Mutter vorgelebten Selbsthass, Fragen der Identität und der Sehnsucht nach Zugehörigkeit hadert eine junge Vampirin damit, sich selbst als solche zu akzeptieren.

meine Meinung zum Buch

“Women, eating” ist ein ruhiger Roman über Selbstakzeptanz und die psychologische Seite der Nahrungsaufnahme. Die toxische Einstellung ihrer Mutter zu ihrem eigenen (Vampir-)Körper und zur Nahrung prägt das Selbstwertgefühl der Protagonistin Lydia. Erst als Lydia aufgrund geänderter Lebensumstände nicht mehr unter dem direkten Einfluss ihrer Mutter steht, beginnt sie langsam, deren Glaubenssätze zu hinterfragen.

Der Fokus des Buches liegt auf Lydias Selbstfindungsprozess und ihrer Einstellung zur Ernährung. Die Geschichte wird einfühlsam und humorvoll erzählt. Die Handlung an sich ist stark reduziert. Action sucht man vergeblich. Doch trotz der langsamen Erzählweise wird das Buch im Gegensatz zu “Interview mit einem Vampir” nie langatmig. 

Die Frage der Identität spielt für Lydia auf mehreren Ebenen eine Rolle: Mit einer Vampirin als Mutter und einem Menschen als Vater ist sie zwischen zwei Lebensformen hin- und hergerissen. Ihre Mutter trägt ihres dazu bei, die menschliche Hälfte gegen die “böse” vampirische Hälfte auszuspielen. Aufgrund ihrer Abstammung ist Lydia weiters zwischen europäischer und asiatischer Kultur hin- und hergerissen. Zusätzlich wird das Thema “Identität” auch hinsichtlich ihrer Mutter behandelt, die an Demenz erkrankt ist.

Neben den Fragen der Identität, dem Gefühl der Einsamkeit und dem Wunsch dazuzugehören, spielt die Psychologie der Nahrungsaufnahme eine zentrale Rolle. Lydias Besessenheit mit dem ihr verwehrten menschlichen Essen steht in starkem Kontrast zu ihrer eigenen Einstellung zur Ernährung. Interessant sind auch die Folgen, die sich daraus ergeben, dass mit dem Trinken von Blut auch Emotionen, Erinnerungen und mehr des getrunkenen Lebewesens auf den Vampir übergehen.

Das Buch zeichnet sich weiters durch eine scharfe Beobachtung menschlichen Verhaltens aus und wartet mit einigen bissigen Seitenhieben gegen Gesellschaft und Kunstindustrie auf.

Das Ende gefällt mir besonders gut. (Und es macht hungrig.)

Insgesamt eine ruhige, ungewöhnliche, aber ein sehr empfehlenswerte Vampirgeschichte.

[Grafik: (c) Tasty_Cat (Anastasia Usenko) via depositphotos.com (bearbeitet)]

6. Hinweis zu den Rezensionen

Ich habe meine Ausgaben der Bücher selbst gekauft und ich erhalte keinerlei Gegenleistung für diese Rezensionen. Ich habe keinen Auftrag zur Rezensionserstellung erhalten und habe keine Kooperation mit den Autorinnen oder Verlagen und stehe mit diesen auch in sonst keiner Verbindung. Alle Links in diesem Beitrag sind keine Affiliate-Links, sondern harmlose, altmodische Links, die dich einfach von A nach B führen. Ich profitiere somit nicht davon, wenn du auf einen drauf klickst.

7. Lust über die Bücher zu reden?

Kennst du eines der Bücher? Wie hat es dir gefallen? Welche anderen Vampirbücher liest du gerne?

Falls du Lust hast, mit mir über die Bücher zu diskutieren, findest du hier meine Social Media Beiträge zu diesen Rezensionen:

Instagram: https://www.instagram.com/p/DOYTUwmjfdN/?igsh=QkFKWnVHd0tJWA%3D%3D

Threads: https://www.threads.com/@domi.caella_schreibt/post/DOYVH-fjfb3?xmt=AQF0srIQrZWbEgnzMFsiCLJ4RgTMZL6J7PU2IrUnu9TFuw&slof=1

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