
Übersicht
- Was ist “Thousand Year Old Vampire”?
- Um was geht es in dem Spiel?
- Wie ist die Atmosphäre des Spiels?
- Was braucht man zum Spielen?
- Wie spielt man “Thousand Year Old Vampire”?
- Was macht das Spiel besonders?
- Wie lange dauert es, das Spiel durchzuspielen?
- Kann man das Spiel mehrmals spielen?
- Was enthält das Buch sonst noch?
- Links
- Die Buchgestaltung
- Buchdaten
- Fazit
- Hinweis zur Rezension
- Lust, über das Spiel zu reden?
1. Was ist “Thousand Year Old Vampire”?
“Thousand Year Old Vampire” ist ein preisgekröntes Rollenspiel für eine Person. Das englische Original stammt von Tim Hutchings (publisher: Petit Guignol LLC). Die deutsche Übersetzung wird vom System Matters Verlag veröffentlicht. Das Spiel richtet sich an erwachsene Spieler.
2. Um was geht es in dem Spiel?
Du schlüpfst in die Rolle eine:r Vampir:in und durchlebst das Leben deiner Vampir:in ab dem Zeitpunkt der Verwandlung bis zum bitteren Ende. (Nein, das ist kein Spoiler. Dass es kein Happy End gibt, kündigt das Buch gleich zu Beginn an.)
3. Wie ist die Atmosphäre des Spiels?
Die Atmosphäre ist genau so, wie ich sie von einem Vampirspiel erwarte: Düster und melancholisch. Gewalt, Verlust, Emotionen, Fragen der Identität und Einsamkeit spielen eine wesentliche Rolle. Du wirst einige moralisch schwierige Entscheidungen treffen müssen und ordentlich leiden. “Thousand Year Old Vampire” ist definitiv kein Feel-Good-Spiel. Und das ist auch gut so.
4. Was braucht man zum Spielen?
Zum Spielen brauchst du nur eine Ausgabe des Buches “Thousand Year Old Vampire”, einen sechsseitigen Würfel und einen zehnseitigen Würfel. Und natürlich etwas zum Schreiben.
Falls du keine Würfel bei der Hand hast, ist das kein Problem. Im Buch gibt es vier Seiten mit Zufallszahlen als Würfelersatz: Augen schließen, mit dem Finger auf eine zufällige Zahl tippen, fertig.
Ob du lieber mit Stift auf Papier schreibst, oder am Computer, bleibt dir überlassen. Ich habe auf Papier geschrieben. Falls du ebenfalls Papier dem Computer vorziehst, habe ich einen Tipp für dich: Mit Post-Its spielt es sich um einiges übersichtlicher als mit einem Notizbuch. Denn im Laufe des Spiels schreibst du nicht nur Erinnerungen deine:r Vampir:in auf, sondern streichst auch Erinnerungen, die dein:e Vampir:in vergisst, durch. Und manchmal kommt es vor, dass dein:e Vampirin vergessene Erinnerungen wiedererlangt. Post-Its haben dabei den Vorteil, dass du vergessene Erinnerungen einfach “verschieben” und wiedererlangte Erinnerungen ebenso einfach zurück auf den Spieltisch holen kannst.
Natürlich klappt das mit den Post-Its nur beim “schnellen Solo-Spiel”. Für ganze Tagebucheinträge bieten sie zu wenig Platz. Falls du dir jetzt denkst: “Schnelles Spiel, Tagebucheinträge, häh?” Keine Sorge, das erkläre ich näher unter Punkt 5. “Wie spielt man Thousand Year Old Vampire?”.
Meine Post-Its-Spielmitschrift
Ich habe für meine beiden Spieldurchgänge das schnelle Solo-Spiel gewählt. In meinem 1. Spieldurchgang habe ich auf Notizzettel geschrieben. Und zu allem Überfluss auch noch Erinnerungen mit Kugelschreiber statt Bleistift durchgestrichen. Das wurde sehr schnell sehr unübersichtlich. Daher habe ich bei meinem 2. Spieldurchgang Post-Its verwendet. Damit du dir davon ein Bild machen kannst, wie ich das mit den Post-Its meine, hier ein Foto meiner Spielmitschrift:



(Jedes Post-It enthält eine Erinnerung. Versuch gar nicht erst, den weichgezeichneten Inhalt der Post-Its zu entziffern, er ist völlig irrelevant. Es geht mir mit den Fotos nur darum, zu zeigen, wie man das Spiel übersichtlich gestalten kann, indem man Post-Its Überschriften zuordnet.)
5. Wie spielt man “Thousand Year Old Vampire”?
Zu Beginn erstellst du deinen Charakter (mit “Charakter” ist der Vampir oder die Vampirin gemeint, die du im Spiel spielst.). Die Charaktererstellung erfolgt hierbei nicht durch das Zuordnen von Werten, wie du es vielleicht aus vielen Pen & Paper Rollenspielen kennst, sondern rein auf erzählerischer Ebene. Du stattest deinen Charakter mit Erinnerungen an sein Leben vor der Verwandlung und die Verwandlung aus, teilst ihm Fertigkeiten, Ressourcen und ein Mal (=eine Körpereigenheit, die in Zusammenhang mit deiner Verwandlung steht) aus und legst die Beziehung zu ein paar Sterblichen und dem Unsterblichen, der dich verwandelt hat, fest.
Hierbei hast du völlige Freiheit. Es gibt keine Liste von Fertigkeiten, Ressourcen und Malen, aus denen du auswählst, sondern du entscheidest selber, was du als Fertigkeit, Ressource und Mal nimmst. Natürlich gibt dir das Buch dabei eine Hilfestellung und nennt auch Beispiele, aber du entscheidest letztendlich völlig frei.
Der Rest des Spiels besteht daraus, dass du dich durch eine Liste mit Prompts würfelst und die in den Prompts angeführten Fragen beantwortest. Aus den Prompts ergibt sich, was dein Charakter erlebt, und vor welche Herausforderungen und Entscheidungen er gestellt wird.
Was zwischen den Prompts geschieht, kannst du völlig frei entscheiden. Oft ist es sogar notwendig, die “weißen Stellen” zwischen den einzelnen von den Prompts inspirierten Erlebnissen mit eigenen Ideen zu füllen, wenn du eine zusammenhängende Geschichte erleben möchtest.
meine Vampirinnen
Ich werde an einigen Stellen dieses Beitrages Einblicke in meine Spieldurchgänge geben. Da du mit dem Spiel deine ganz eigenen Geschichten entwickeln wirst, sind diese Beispiele keine Spoiler. Aber falls du vor dem Spielen nichts über andere erspielte Geschichten lesen willst oder du dich aus sonstigen Gründen nicht für die Spieleinblicke interessierst und du nur die Rezension lesen willst, überspring diese Einschübe einfach.
Hier als Beispiel die beiden Charaktere, die ich für meine beiden Spieldurchgänge erstellt habe:
In meinem ersten Durchgang spielte ich eine junge Frau namens Agnes im Mittelalter. Sie war eine willensstarke Frau, die sich selbst Schreiben und Lesen beibrachte und sich gut mit Heilkräutern auskannte (= Ihre Fertigkeiten). Ihr wertvollster Besitz waren ein alter Gedichtband, ihr Tagebuch und ein Amulett, das sie von ihrer Oma geerbt hatte (=ihre Ressourcen). Sie war Teil einer Großfamilie (=soziales Umfeld/ihre wichtigsten Menschen), arbeitet am elterliche Hof, verweigerte die Ehe und träumte davon, Dichterin zu werden. Sie hatte eine stürmische Affäre mit ihrer Muse, einem jungen Mann, den sie für seine Belesenheit bewunderte und nachts im Wald für ihre Techtelmechtel traf (=Auszug aus ihren Erinnerungen vor der Verwandlung). Ihr Lebensstil führte schnell zum Vorwurf der Hexerei. Sie wurde verhaftet und gefoltert. Ihre Muse (der sich als antiker Vampir entpuppte) rettete die im Sterben liegende Agnes aus dem Folterkeller und verwandelte sie. Sie sah es als Vertrauensbruch, dass der Vampir ihr sein wahres Wesen zu ihren Lebzeiten verheimlicht und sie ohne ihre Zustimmung verwandelt hatte und war überzeugt, dass sie auch ohne ihn überlebt hätte, was zum Zerbrechen der Beziehung führte (=Erinnerung zur Verwandlung). Durch die Folter waren Agnes Gelenke verkrüppelt, so dass sie fortan auf einen Gehstock angewiesen war (= ihr Mal).
Die Vampirin meines zweiten Spieldurchgangs war eine IT-Techniker namens Judith aus der Gegenwart. Sie lebte mit ihrem Verlobten zusammen, ihre Mutter gab nicht auf, zu versuchen, sie doch noch dazu zu überreden, in ihre Fußstapfen als Friseurin zu treten und ihren Frisiersalon zu übernehmen und ihre beste Freundin kannte sie vom Schießstand (=soziales Umfeld & Auszug an Erinnerungen vor der Verwandlung). Sie sprach mehrere Fremdsprachen, war Kampfsportlerin und Hackerin (=Fertigkeiten). Ihre wichtigsten Gegenstände waren ein alter Walkman als Erinnerung an ihren verstorbenen Vater, ihr Laptop und eine Sportpistole (=Ressourcen). Eines nachts wurde sie von einer Vampirin auf Nahrungssuche überfallen. Sie wehrte sich und konnte die Vampirin verwunden und in die Flucht schlagen, wurde aber auch selber schwer verletzt. Da während des Kampfes mit der Vampirin etwas Vampirblut in ihren Mund gelangt war, verwandelte sie sich in der Folge ebenfalls in eine Vampirin (=Erinnerungen an die Verwandlung). Im Kampf hatte die Vampirin Judith ein Stück Fleisch aus dem Hals gebissen. Diese Wunde verheilte nicht mehr, so dass sie fortan eine große Wunde am Hals trug, die sie verstecken musste (=Mal).
schnelles Solo-Spiel oder journaling game
Du kannst das Spiel auf zwei Arten spielen: Entweder als journaling game. Dann schreibst du pro Prompt einen Tagebucheintrag aus Sicht deines Charakters. Oder in der schnelleren Solo-Spiel-Variante, in der du die Geschehnisse pro Prompt nicht in einem langen Tagebucheintrag ausführst, sondern nur in ein, zwei kurzen Sätzen zusammenfasst. Ich habe beide Durchgänge in dieser zweiten Variante gespielt.
Wie sehr du bei der Charaktererstellung und während dem Spielen in’s Detail gehst, ist natürlich dir überlassen. Meiner Erfahrung nach ist das Spiel umso berührender, je detaillierter man sich die Geschichte ausmalt und je tiefer man in sie eintaucht. Daher empfehle ich dir, dir schon bei der Charaktererstellung Zeit zu lassen und das Leben und soziale Umfeld deines Charakters vor der Verwandlung mit Details auszuschmücken. Auch beim schnellen Spiel empfehle ich, die Prompts nicht einfach nur schnell der Reihe nach „abzuarbeiten“, sondern sich die Zeit zu lassen, die einzelnen Szenen im Kopf durchzuspielen wie in einem Film.
Was “Thousand Year Old Vampire” nicht ist
Wenn du “sandboxartig” eine völlig eigene Geschichte erspielen willst, bist du bei “Thousand Year Old Vampire” falsch. Du interpretierst zwar die Prompts und entscheidest, wie sich diese auf das Leben deines Charakters auswirken, aber die grundsätzliche Richtung der Geschichte richtet sich natürlich nach den Prompts.
Auch mit Spielbüchern (die manchmal als “Solorollenspiel” beworben werden, obwohl “interaktives Buch” passender ist) hat “Thousand Year Old Vampire” nichts gemeinsam. Bei diesen Büchern wählst du zwischen mehreren Alternativen, wie die Geschichte weitergehen soll. Was nach deiner Entscheidung für eine der vorgegebenen Richtungen passiert, ist aber vom Buch vorgegeben. Du hangelst dich quasi einfach nur von Textabschnitt zu Textabschnitt und erfindest dabei keine eigene Geschichte. Bei “Thousand Year Old Vampire” werden dir hingegen keine Textabschnitte vorgegeben, sondern nur Prompts, die von dir interpretiert werden. Dadurch hast du im Vergleich zu Spielbüchern viel mehr Möglichkeiten, die Geschichte aktiv zu gestalten und deine eigenen Entscheidungen und Ideen einbringen. Du wählst nicht eine von mehreren vorgegebenen Geschichte aus, sondern erfindest anhand der Prompts deine ganz eigene Geschichte.
Es gibt auch keine Charakterwerte, wie du sie vielleicht aus klassischen Pen & Paper Rollenspielen kennst. Du kannst das Spiel nicht “gewinnen” oder “verlieren”. Vielmehr geht es darum, die Lebensgeschichte deines Charakters zu erleben.
6. Was macht das Spiel besonders?
Ganz eindeutig: Die Erinnerungen. Jeder Prompt stellt ein Ereignis dar, das du einer Erinnerung deines Charakters zuordnest. Diese Erinnerungen prägen deinen Charakter. Allerdings ist die Anzahl der Erinnerungen und die Anzahl der Ereignisse, die du einer Erinnerung hinzufügen kannst, begrenzt. Wenn du keinen Platz mehr für neue Ereignisse hast, da du die Maximalanzahl erreicht hast, musst du bestehende Erinnerungen streichen, um Platz für neue zu schaffen. Das Streichen einer Erinnerung führt dazu, dass dein Charakter die Erinnerung und alle dieser Erinnerung zugeordneten Ereignisse vergisst. Du kannst zwar ein paar Erinnerungen in ein Tagebuch auslagern, aber dadurch sind sie nicht vor Verlust sicher. Denn wenn du dein Tagebuch verlierst – und das kann durchaus vorkommen – sind auch die darin enthaltenen Erinnerungen verloren. Du siehst: Du kommst um’s Vergessen nicht herum. Aber zumindest kannst du entscheiden, welche Erinnerungen dein Charakter vergessen soll.
In seltenen Fällen kommt es vor, dass dein Charakter eine vergessene Erinnerung wiedererlangt. Und manchmal wird eine Erinnerung nicht vergessen, sondern manipuliert.
Das Vergessen von Erinnerungen und das Erlangen neuer Erinnerungen hat natürlich Auswirkungen auf deinen Charakter und seine Handlungen. Besonders spannend ist es, wenn dein Charakter zu einem späteren Zeitpunkt Menschen oder untoten Wesen wieder begegnet, an die er sich nicht mehr, oder nur teilweise erinnern kann. Oder über die er gar eine manipulierte und somit falsche Erinnerung hat. Das birgt ordentlich Konfliktpotential.
Beispiele aus meinen Spieldurchgängen
Hier 2 Beispiele aus meinen Spieldurchgängen. Wie schon weiter oben erwähnt, gilt auch hier: Wenn du vor dem Spielen nichts über andere erspielte Geschichten lesen willst, spring einfach einfach vor zur nächsten Überschrift.
Bei meinem ersten Spieldurchgang wurde meiner Vampirin das Vergessen einer wichtigen Erinnerung zum Verhängnis. Als sie ihrem Erschaffer wieder begegnete, konnte sich sich nicht mehr daran erinnern, dass sie und er mittlerweile Todfeinde waren. Blöderweise hatte er dies nicht vergessen. Und so war es für ihn ein leichtes Spiel, sie zu täuschen und zu vernichten.
In meinem zweiten Spieldurchgang führte eine vergessene Erinnerung hingegen zu einem sehr schönen Moment. Kurz nach ihrer Verwandlung tötete meine Vampirin im Blutrausch versehentlich ihre beste Freundin und verwandelte sie in eine stark verstümmelte Vampirin. Das war das Ende ihrer Freundschaft. Mehrere Jahrhunderte später begegneten sich die beiden wieder. In diesem Fall konnten sich beide nicht mehr an die gemeinsame Vergangenheit erinnern. Aber die Sympathie füreinander, die während ihres Menschenlebens ursprünglich zu ihrer Freundschaft geführt hatte, führte dazu, dass sie erneut Freundschaft schlossen. Ja, obwohl “Thousand Year Old Vampire” ein düsteres Spiel ist, kann es auch schöne Momente geben.
7. Wie lange dauert es, das Spiel durchzuspielen?
Wie lange ein Durchgang dauert, lässt sich nicht pauschal beantworten, da es von einer Vielzahl von Faktoren abhängt: ob du dich für das schnelle Spiel oder das Schreiben von Tagebucheinträgen entscheidest, ob du nebenbei zu Ereignissen der Weltgeschichte recherchierst, in die dein Charakter involviert ist, wieviel Zeit du dir für das Beantworten der Prompts lässt, etc. Laut Buch kann die Spieldauer zwischen ein paar Stunden und mehreren Wochen liegen.
So lange haben meine Spieldurchgänge gedauert
Ich habe beide Spieldurchgänge (jeweils „schnelles Spiel“) über mehrere Tage verteilt in kurzen Spielsitzungen gespielt. Wenn ich die Zeiten dieser Spielsitzungen addiere, komme ich bei meinem ersten Spieldurchgang auf 3 Stunden und 55 Minuten und bei meinem zweiten Spieldurchgang auf 3 Stunden und 27 Minuten.
Bei meinem ersten Spieldurchgang, der im Mittelalter begann, habe ich nebenbei aus Interesse immer wieder online zur jeweiligen Epoche recherchiert. Diese Recherchezeit habe ich in die Spielzeit mit eingerechnet. Du musst beim Spielen aber natürlich nichts recherchieren und kannst die Vergangenheit verdrehen, wie du willst. Es ist dein Spiel, also mach aus der Welt, worauf auch immer du Lust hast!
Bei meinem zweiten Spieldurchgang habe ich in der Gegenwart zu spielen begonnen und in eine fiktive Zukunft gespielt. Ganz ohne Recherche.
Bei meinem ersten Durchlauf hat meine Vampirin 30 Prompts überlebt, bei meinem zweiten Durchlauf hatte ich 35 Prompts, bevor sie starb. Spielberichte anderer Spielender zeigen jedoch, dass Charaktere auch viel früher sterben können. Und vermutlich ist auch ein längeres Leben möglich. Das hängt nun mal ganz von den Würfelergebnissen ab.
8. Kann man das Spiel mehrmals spielen?
Ja. Das Spiel lässt die völlig freie Wahl, in welchem Setting du spielst und in welcher Epoche du zu spielen beginnst. Allein schon dadurch führen die Prompts zu unterschiedlichen Geschichten. Und zwar selbst dann, wenn du manche Prompts in mehreren Spieldurchgängen erwischst. Auch sind die einzelnen Prompts abwechslungsreich gestaltet.
Das Spiel enthält 80 Standardprompts. Bis auf die letzten 9 enthalten alle jeweils 2 Unterprompts. Je nach Würfelergebnis bewegst du dich in der Liste der Prompts vorwärts oder rückwärts. Wenn du dich rückwärts durch die Prompts-Liste bewegst und erneut auf einem Prompt landest, den du schon hattest, nimmst du den 1. Unterprompt. Solltest du ein zweites Mal auf dem Prompt landen, nimmst du den 2. Unterprompt. Es passiert recht selten, dass man am 2. Unterprompt landet. Aber wenn es passiert, dann darfst du dich freuen: Denn dann gibt es großes Drama! Die beiden Unterprompts bauen nämlich auf dem Hauptprompt auf und steigern die die dortigen Geschehnisse.
Neben diesen Standard-Prompts, gibt es auch noch 38 Seiten mit zusätzlichen Prompts, die anstelle der Standard-Prompts verwendet werden können. Du siehst: Die Prompts gehen nicht so leicht aus.
Beispiele aus meinen Spieldurchgängen
Wie schon weiter oben erwähnt, gilt auch hier: Wenn du vor dem Spielen nichts über andere erspielte Geschichten lesen willst, spring einfach vor zur nächsten Überschrift.
Ich habe das Spiel bisher zweimal gespielt und war überrascht, wie unterschiedlich sich die Geschichten entwickelt haben. Und das lag nicht nur daran, dass ich in unterschiedlichen Epochen zu spielen begonnen habe.
In meinem ersten Spieldurchgang durchlebte meine Vampirin ein Leben von über 2000 Jahren. Abgesehen von ihrem vampirischen Schöpfer begegnete sie nur Menschen. Sie war ihrem Blutdurst hilflos ausgeliefert. Ihr Leben war geprägt von Schmerz. Obwohl sie natürlich auch sehr vielen Menschen Leid zufügte, war sie es, die während dem Spiel am meisten körperlich und seelisch leiden musste. Sie war mehr als einmal über längere Zeiträume in einem Sarg gefangen und verlor nach jahrhundertelanger Isolation den Verstand. Sie verfügte über wenige Ressourcen und wenige Fertigkeiten.
Meine zweite Vampirin wurde nur etwas mehr als siebenhundert Jahre alt. Sie begegnete mehreren unsterblichen Wesen, neben Vampiren auch einem Geist und einem Dämon. Sie fand einen Weg, ihren Blutdurst für längere Zeit unter Kontrolle zu halten (am Ende forderte diese blutlose Zeit jedoch ihren Tribut und läutete ihren Untergang ein). Trotz vorübergehendem Blutverzicht mordete sie fleißig. Im Vergleich zu meiner ersten Vampirin blieb meine zweite Vampirin hingegen vor körperlichen Qualen ziemlich verschont. Sie war nie irgendwo eingesperrt, wurde jedoch eine zeitlang unterdrückt und als Sklavin missbraucht. Ihr Tod war nicht auf Fremdverschulden zurückzuführen, sondern eine Folge eigener Fehlentscheidungen. Sie verfügte über viele Ressourcen und viele Fertigkeiten.
Ich habe mir auch ein paar andere Spielberichte angesehen und war positiv überrascht, wie sehr sich die von den anderen Spielenden erspielten Geschichten von meinen Geschichten unterscheiden.
Ich werde definitiv zukünftig wieder auf “Thousand Year Old Vampire” zurückgreifen, wenn ich Lust auf düsteren Solo-Rollenspielspaß habe.
9. Was enthält das Buch sonst noch?
Neben dem eigentlichen Spiel enthält das Buch auch ein paar Extras:
- Die schon zu Beginn erwähnten Zusatzzahlen als Würfelersatz
- Ein Safety-Tool
- Zwei Interviews mit dem Spieleautor Tim Hutchings
- Regelvorschläge für das Gruppenspiel
- Zwei Spielbeispiele
Im Rollenspiel für Mehrspieler sind Safety-Tools (=Mechanismen, die sicherstellen sollen, dass sich alle Spielenden während dem Spiel wohlfühlen und niemand zu Dingen gezwungen wird, die er oder sie nicht will) gang und gäbe. Dass es solche Safety-Tools auch für Solo-Spiele gibt, war mir neu. Das Safety-Tool aus dem Buch soll dir dabei helfen, zu reflektieren, welche Auswirkungen das Spiel auf dich und deine Stimmung hat. Leider kann ich dir nicht sagen, ob es diese Anforderung erfüllt. Ich habe mir zwar vorgenommen, es zu testen, aber dann bei beiden Spieldurchgängen darauf vergessen.
Auch zu den Regeln für das Gruppenspiel kann ich dir nichts erzählen, da ich das Spiel in beiden Durchgängen solo gespielt habe. Sollte ich das Spiel zukünftig auch einmal als Gruppenspiel spielen, werde ich die entsprechenden Anmerkungen natürlich im Beitrag ergänzen.
Zumindest zu den beiden kurzen Spielbeispielen kann ich etwas sagen: Diese zeigen anhand von kurzen Beispielen, wie man seinen Charakter erstellt und mit dem Spiel beginnt. Das fand ich für den ersten Spieldurchlauf sehr hilfreich.
10. Links
Website von Tim Hutchings zum englischen Original: https://thousandyearoldvampire.com/
Deutsche Ausgabe von System Matters: https://www.system-matters.de/shop/thousand-year-old-vampire/
Ja, es wird ein Sequel geben
Ich habe übrigens gerade entdeckt, dass Tim Hutchings auf seiner itch.io-Seite (https://timhutchings.itch.io/tyov) ein Sequel zu “Thousand Year Old Vampire” ankündigt. Hier gibt’s die Infos zum Sequel: https://www.backerkit.com/call_to_action/3a3576bd-8657-418c-b83f-0bb32079a1d5/landing
11. Die Buchgestaltung
Das Buch ist ein A5 Hard Cover (Farbdruck) mit zwei Lesebändchen. Es ist schön illustriert und qualitativ hochwertig verarbeitet.
Zu Beginn dieses Blog-Artikels siehst du ein Foto des Covers. Auf der oben verlinkten Website von Tim Hutchings findest du ein paar Fotos der Innenseiten des Originals, die dir einen guten Eindruck auch für die deutsche Ausgabe verschaffen.
12. Buchdaten
Titel: Thousand Year Old Vampire – deutsche Ausgabe
Autor: Tim Hutchings
Verlag (deutsche Ausgabe): Jedamzik und Neugebauer GbR (System Matters Verlag)
Sprache: Deutsch
Seitenanzahl: 150
Veröffentlichungsjahr: 2024
gendergerechte Sprache: ja
Hardcover oder Pfd?
Das Buch ist sowohl als Hardcover als auch als PDF-Datei (und als Hardcover+PDF-Bundle) verfügbar. Ich habe mich trotz des Preises von 41,07€ (österr. Preis) für das Hardcover-Buch entschieden, da ich das Buch unbedingt in mein Bücherregal stellen wollte.
Da das Spiel sehr regelarm ist, ist es nicht notwendig während dem Spielen Regeln nachzuschlagen. Sofern du deine eigenen Würfeln hast, benötigst du das Buch während dem Spielen somit nur zum Lesen der Prompts. Wer seine Spiele lieber digital hat, oder Geld sparen will (österr. Preis der PDF: 25,70€) kann das Spiel somit problemlos mit der PDF spielen.
13. Fazit
“Thousand Year Old Vampire – deutsche Ausgabe” hält, was es verspricht: Es ist düster, emotional und melancholisch und hat einen hohen Wiederspielwert. Und es kommt ohne komplexe Regeln aus, so dass man sich voll und ganz auf die Geschichte einlassen kann. Für mich gehört es schon jetzt zu meinen Lieblings-Solo-Rollenspielen.
Wenn dir hingegen ein ausgeklügeltes, detailliertes Regelwerk oder völlige Freiheit im Spiel wichtig sind, wirst du mit “Thousand Year Old Vampire” wenig anfangen können. Ebenso, wenn für dich der Reiz von Rollenspielen nicht im Erzählen einer Geschichte liegt, sondern im Überwinden von Hindernissen und dem “Gewinnen” von Quests.

[Grafik: (c) Tasty_Cat (Anastasia Usenko) via depositphotos.com (bearbeitet)]
14. Hinweis zur Rezension
Ich habe meine Ausgabe von “Thousand Year Old Vampire” selbst gekauft und ich erhalte keinerlei Gegenleistung für diese Rezension. Ich habe keinen Auftrag zur Rezensionserstellung erhalten und habe keine Kooperation mit Autor oder Verlag und stehe mit diesen auch in sonst keiner Verbindung. Die Links sind keine Affiliate-Links, sondern ganz normale, harmlose, altmodische Links. Ich profitiere somit nicht davon, wenn du auf einen dieser Links drauf klickst. Auch stehe ich zu keiner der verlinkten Webseiten in irgendeiner Verbindung.
15. Lust, über das Spiel zu reden?
Hast du das Spiel auch schon gespielt? Wie hat es dir gefallen?
Was hat dein Charakter erlebt? Was waren die schönsten, dramatischsten oder tragischsten Momente in deinem Spiel?
Falls du Lust hast, über “Thousand Year Old Vampire” zu reden, findest du hier meine Social Media Beiträge zu dieser Rezension:
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